So und weiter ging es also mit „Timmi“ und „Tschulia“.
Kaum saßen wir im Bus und warteten auf die Weiterfahrt, fiehl Mutter Anneliese ein, dass Übermuttis ihren Kindern alles, aber auch wirklich alles erklären müssen. Anders als genervte Rabenmütter, die nach dem 10. Wieso? Und warum? Antworten: „Weil, ist so….!“.
Also erklärte sie ihrem Sohn, weshalb am Ende des Parkplatzes eine Schranke ist und wie diese wohl geöffnet wird. Die Sache ist, dass „Timmi“ total tiefenentspannt und zu müde war, um Fragen zu stellen. Anscheinend konnte diese Übermutti Gedanken lesen.
Sie erklärte ihm, dass da vorne bestimmt das Meer ist. „Siehst du Timmi. Da ist es ja. So weit warst du ja noch nie von zuhause weg.“
„Schau mal, Timmi. In diesen Häuser wohnen die Leute, die hier immer Leben Timmi. So weit weg von zu Hause bist du noch nie gewesen.“
Und so ging es die ganze Fahrt. 1 1/2 Stunden bis zum Hotel erklärte sie alles ohne das „Timmi“ etwas gefragt hat. Jede Erklärung endete (ungelogen) damit, dass sie noch mal extra betonte, wie weit er von zu hause weg ist. Ob ihm das genauso bewusst war? Nein, natürlich nicht. In dem Alter können Kinder noch keine Abständen oder Entfernungen einschätzen. Für mein Sohn liegt die nächste Eisdiele sehr weit weg. Genauso wie Amerika. Oder aber ganz nah dran. Wie zum Spielplatz oder aber Mallorca. Und unser lieber „Timmi“ ist noch ein Jahr jünger als meiner.
Der ganze Bus war Mucksmäuschenstill, denn Anneliese erklärte ihm alles besser als jeder Reiseführer mit Ewigkeiten an Berufserfahrung. Leider redete sie nicht nur sonderlich viel, sondern auch sehr laut, so dass unsere Rentner im Bus auf ihr Mittagsschläfchen verzichten mussten.
Dementsprechend schlecht war dann auch die Stimmung vor Ort, was unserer eifrigen Erzählerin aber nicht bemerkte oder störte. Denn eins muss man ja Übermuttis zugestehen. Sie können sehr hartnäckig sein, wenn sie die Ratschläge der Erziehungsratgeber umsetzen. Anneliese war ein Musterbeispiel an Hartnäckigkeit. Ihr können einfach nicht die genervten Blicke der Mitreisenden entgangen sein, die sie immer wieder anstarrten in der Hoffnung durch telepatische Fähigkeiten den Mund-aus-Knopf zu betätigen.
10 Minuten vor Ankunft hörte man dann doch:“Timmi? Bist du eingeschlafen, Schatzilein?“ Der komplette Bus drehte sich umgehend zu „Timmi“, um ganz sicher zu sein, dass keine unnötige Hoffnung auf Ruhe geweckt wurde.
Erfolgreich. Er schlief. Der junge Mann ende 60 vor mir atmete erleichtert auf. Ich gestehe: ich auch. Denn ich hatte mit meinen beiden Rabauken eine himmlische Fahrt. Die kleine schlief und der Grosse hatte die Videokonsole gegen den mp3-player eingetauscht. Es lebe die Technik!
Wer aber meint, jetzt da „Timmi“ schläft
würde bestimmt Ruhe einkehren, liegt völlig falsch.
Es wusste ja nun noch nicht jeder im Bus wieso der „Timmi“ so müde und die „Tschulia“ so knötterich war. Also fing sie an sämtlichen Sitznachbarn den Tagealablauf zu erörtern. Doch leider waren wir dann doch schon da.
Früher habe ich immer diese Menschen kopfschüttelnd angesehen, die sich sofort hinstellten und im Gang schon eine Schlange bildeten, um möglichst als erstes auszusteigen.
Nach so einer Fahrt mit Anneliese hätte ich auch den Nothammer genommen, wenn der Busfahrer nicht umgehend die Tür aufgemacht hätte.
Wir waren in unserem Hotel angekommen. Und Anneliese stieg ebenfalls mit der Familie aus und lächelte mir zu: „Das ist ja ein Zufall.“
Stimmt. Soviel Pech kann auch nur eine Rabenmuttet haben.
Also, demnächst noch mehr Storys von unserer Reisefamilie