Der perfekte Schulranzen

Nun stehe ich da, schaue aus dem Fenster und warte, dass meine Drittklässlerin von der Schule nach Hause kommt. Alleine…

Sie hat einen 5 Minuten Fußmarsch als Heimweg, der jedoch auch mal locker 20 Minuten dauern kann. Aber wer kennt es nicht aus seiner eigenen Schulzeit.

Während ich nun das stehe und warte, dass sie um die Ecke biegt damit ich ihr zuwinken kann, beobachtete ich, wie viele ihrer Klassenkameraden mit elterlichem Anhang die Straße hinauf passieren. Diese Kinder haben einen besonders langen Fußmarsch vor sich, nämlich ganze 10 Minuten ohne große Hauptstraßen überqueren zu müssen. Verständlich, dass die elterliche Fürsorgepflicht in diesem Moment greift und man das Kind nach Hause begleitet.

Gefühlte 4 von 5 Elternteilen tragen dabei die Schulranzen ihrer Kinder und wirken selbst wie Schulkinder mit Wachstumsproblemen.

Nun muss ich an die Gespräche im Kindergarten denken. Was für ein Drama gemacht wurde, um den perfekten Schulranzen zu finden. Heutzutage ist es ein Riesenevent einen Schulranzen zu kaufen. Jeder der in dieser Situation war und schon mal in einen Fachhandel gegangen ist weiß, dass man sich nicht nur einfach ein Schulranzen mit dem passenden Motiv aussuchen kann, sondern es gibt Beratungsgespräch. Hierfür muss man natürlich einen Termin machen bei dem man das zukünftige Schulkind selbstverständlich mitnimmt. Es wird geschaut, dass der Ranzen nicht zu schwer ist, denn die Kinder müssen ja sehr viel hin und her schleppen bei ihrem Schulweg.

Der wichtigste Punkt ist der ergonomische Sitz des Schulranzen, damit das Gewicht optimal verteilt ist und die Kleinen keine Haltungsschäden während ihrer Grundschulzeit davon tragen. Dafür werden Musterranzen aufgesetzt und mit Büchern gefühlt, um die Hausaufgabenhefte zu simulieren. Anschließend geht es in einen Parcour mit eingebauten Balancierstangen. Die Fachverkäufer beobachten dann, wie sich der Ranzen auf dem kindlichen Rücken verhält, um den perfekten Ranzen zu empfehlen. Dieser liegt dann oft zwischen 200 und 300 Euro. Aber wem ist es das nicht wert, um Fehlbildungen der Wirbelsäule zu verhindern?

Nun sind die Kinder eingeschult und tragen voller Stolz ihre Schultaschen der täglichen Routine hin. Dieser Stolz hält genau bis 2 Tage nach der Einschulung. Dann ist das Ding auf dem Rücken nur lästig und gleich zu Mama oder Papa abschoben. Diese übernehmen natürlich die Aufgabe. Denn was ist besser als ein ergonomischgeformter Schulranzen? Kein Gepäck auf dem Rücken. Nun befinden wir uns in der 3. Klasse und weiterhin tragen 4 von 5 Eltern diese überaus wichtige Aufgabe.

Für mich als Beobachterin stellt sich nun die Frage: Wäre es nicht sinnvoller den Ranzen dem elterlichen Rücken anzupassen? Da diese in 4 von 5 Fällen 4 Jahre lang die Bürde tragen müssen wäre es doch deutlich sinnvoller die Eltern den Ranzenparcour laufen zu lassen, oder irre ich mich?

Wenn man nach der Grundschulzeit Bilanz zieht, hat man 200 bis 300 Euro ausgegeben für einen perfekten Schulranzen, den die Kinder von der Schuleingangstür zu ihren Plätzen tragen (da zum Glück in unserer Schule Eltern im Schulgebäude während des Unterrichts unerwünscht sind. Sonst würden viele den Ranzen bis zum Sitzplatz tragen!)

Danke fürs lesen.

P.s.: Alle Angaben sind „pi mal Daumen“ Angaben und stammen aus keiner notariellbeglaubigten Statistik.